Beziehung retten: Ambivalenz nutzen für einen Neuanfang
Wenn Du eine Beziehung retten willst, ist mindestens einer von Euch beiden hin und her gerissen zwischen dem, was die Beziehung an den Punkt gebracht hat, dass sie gerettet werden muss und dem, was sie so wertvoll macht.
Nichts kostet mehr Energie als Beziehungskrisen mit Menschen, die uns wirklich am Herzen liegen. Gleichzeitig triggert nichts unsere Ambivalenz so sehr wie genau diese Beziehungen: ja oder nein, gehen oder bleiben, Beziehung retten oder beenden. Auch wenn Ambivalenz oft pathologisiert wird, gehört sie für die meisten von uns zur Alltagserfahrung. Sie kann uns sogar dabei unterstützen, unsere ureigene Wahrheit zu entdecken, indem wir die in ihr liegende Spannung als Energie nutzen, um Klarheit, Freiheit und Exzellenz zu verwirklichen.
Eine Beziehung zu retten bedeutet, dass Du bereit bist für einen Neuanfang. Das setzt voraus, dass Du Dich und den Menschen, auf den Du Dich beziehst, nicht mehr durch die alten Glaubensmuster und Emotionen betrachtest.
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind."
Albert Einstein
In Beziehungen, die Dich emotional berühren, neu denken und handeln zu können, setzt voraus, neu zu fühlen. Es macht keinen Unterschied, ob es sich dabei um Partner, Familie, Freundschaft, Kollegen oder Geschäftspartner handelt. Neu zu fühlen bedeutet, dass Du bereit bist, all das zu fühlen, dem Du bisher ausgewichen bist. Erst wenn Du etwas gefühlt hast, was Du so noch nicht gefühlt hast, kannst Du etwas denken und etwas tun, was Du bisher so nicht denken oder tun konntest. Das alte Denken, Fühlen und Handeln spiegelt sich in der aktuellen Situation. Daher ist es wichtig, darüber hinauszuwachsen, denn inspirierende, wertschätzende und gelingende Beziehungen sind kein Zufall, sondern ein Spiegel Deines Inneren.
Eine Beziehung zu retten, heißt Dir selbst zu begegnen
Um Beziehungskrisen zu meistern, ist es unerlässlich, dass Du Dich zuerst entscheidest, Dir wirklich selbst zu begegnen. Ansonsten führt Dein Handeln vielleicht zu kurzfristigen Lösungen, birgt aber das Potenzial, dass sich die Situation in dieser oder einer anderen Beziehung wiederholt. Das ist der Fall, weil wahrer Veränderung stets ein innerer Wandel vorausgeht. Um Dir wahrhaftig selbst zu begegnen, führt kein Weg daran vorbei, Deine Verletzlichkeit zu berühren. Diese liegt unter all den Schutzmechanismen, Masken und Rollenspielchen, die wiederum verhindern klare Entscheidungen, gute Lösungen und Gewissheit über das, was jetzt wirklich ansteht.
Bist Du dazu bereit?
Gut! Denn Ambivalenz endet mit einer klaren Entscheidung, die in Freiheit mündet. Eine Beziehung zu retten, die es Dir wert ist, geht ganz sicher nicht mit einem Quick-Fix, sondern setzt einen intensiven, aber lohnenden Prozess der Selbsterkenntnis und Herzensbildung voraus.
Die fünf Prinzipien, um eine Beziehung zu retten
Das erste Prinzip – Verstehen, was wirklich passiert
In Deinen Beziehungen spielen drei Aspekte eine wesentliche Rolle.
- Welches Bild hast Du von Dir selbst in dieser Beziehung?
- Welches Bild hast Du von dem anderen Menschen?
- Welchem Drehbuch folgt ihr?
Die ersten beiden Punkte sind klar. Lass mich das Drehbuch etwas näher erläutern. In einer Beziehungskrise beschreibt das Drehbuch die Muster in Eurer Beziehung, die Dir die Knöpfe drücken. An einem Beispiel lässt sich dies leicht verdeutlichen. Du wirfst Deinem Partner vor, dass er sich nicht genug Zeit für Dich nimmt. Ihn nervt das, weil ihr dieses Gespräch schon x-mal geführt habt. Er reagiert abweisend und mit Rückzug. In der Psychologie würde man das ein stabiles Interaktionsskript nennen. Aufgrund Eurer Geschichte glaubt ihr zu wissen, wie der jeweils andere reagiert.
Um eine Veränderung zu initiieren, reicht es manchmal schon aus, das Interaktionsskript zu brechen. Du verhältst Dich einfach anders, als es in Eurem Drehbuch geschrieben steht. Das wird jedoch an dem Punkt, wo Du Dich fragst, ob und wie Du eine Beziehung retten oder eine Beziehungskrise meistern kannst, sehr wahrscheinlich nicht reichten.
Daher ist es wirklich wichtig, auf die Bilder zu schauen, die Du von Dir und dem beteiligten Menschen hast. Hier liegt das größte Erkenntnis- und Veränderungspotenzial. Mache Dir auch bewusst, dass in der Beziehung mindestens vier Bilder wirksam sind, weil ihr beide jeweils ein Selbstbild und ein Bild über den anderen in Euch tragt. Die Bilder wirken wie Wahrnehmungsfilter. Diese Wahrnehmungsfilter bestimmen Dein Verständnis und Deine Perspektive von dem, was gerade passiert.
Das zweite Prinzip – Verstehen, warum das gerade passiert
Die Bilder setzen sich aus Gedanken und Emotionen zusammen. Nimm Dir jetzt Stift und Papier. Schließe für einen Moment die Augen und mache Dir bewusst, wie Du Dich selbst in dieser Beziehung siehst. In welcher Rolle siehst Du Dich? Wie fühlst Du Dich? Was glaubst Du über Dich selbst in dieser Beziehung? Schreibe jeden Gedanken und jedes Gefühl, das Dir in den Sinn kommt, ganz ungefiltert auf.
Nun mache das Gleiche auch für die andere Person. Nimm Dir wieder einen Moment Zeit und geh nach innen, schließe die Augen und rufe Dir diesen Menschen ins Gedächtnis oder stelle ihn Dir vor Deinem inneren Auge vor. Wie siehst Du den Menschen, mit dem Du diese Beziehung führst? Welche Rolle spielt er für Dich? Was glaubst Du über ihn und sein Verhalten? Was fühlst Du, wenn Du an ihn denkst? Schreibe wieder alles unzensiert auf.
Nun schreibst Du noch alle Gedanken und Gefühle auf, die Du im Bezug auf Eure Beziehung oder das Drehbuch hast.
Du hast jetzt drei Listen: eine über Dein Selbstbild in dieser Beziehung, eine über den Anderen und eine über Eure Beziehung und das Drehbuch.
Eine Beziehung retten durch fühlende Präsenz
Wie bereits erwähnt, ist das Fühlen und Spüren das Wichtigste, um einerseits Klarheit und andererseits gute Lösungen zu finden. Schließe einfach die Augen. Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst und spüre die Füße auf der Erde sowie das Kommen und Gehen Deines Atems. Nun nimmst Du Dir die List über Dein Selbstbild, liest sie durch und machst Dir ganz bewusst, wie sich das anfühlt. Welche Empfindungen gehen damit einher? Spüre die Emotionen und Empfindungen, die mit diesem Selbstbild auftauchen im Körper. Vielleicht kannst Du sogar wahrnehmen, in welchen Körperbereichen sie am deutlichsten zum Ausdruck kommen. Interessiere Dich dabei mehr für das, was Du fühlst als für die Gedanken. So gut es Dir gelingt, sei fühlend präsent. Du musst nicht nach Lösung suchen, denn Du weißt, so lange die alten Emotionen und Gedanken Deine Wahrnehmung beeinflussen, so lange wird eine Lösungssuche nur das Problem reproduzieren.
Nach dieser kurzen Kontemplation wiederhole das Ganze auch für das Bild über den anderen Menschen und Eure Beziehung oder das Drehbuch. Nimm Dir wirklich Zeit, genau hinzuspüren. Die Art der Sensibilisierung ist Training und die Voraussetzung dafür, im Körper fühlend präsent zu sein und somit über das alte Denken, Fühlen und Handeln hinauszugehen. Somit beginnst Du auf einer tieferen Ebene zu verstehen, warum passiert was passiert. Je nach Untersuchung schreibt die moderne Hirnforschung dem Menschen zwischen 1% – 30% rationales Verhalten zu. Der Rest basiert auf erlernten und emotionalen Wahrnehmungs- und Verhaltensmustern. Daher ist es wichtig, mit Emotionen spürend präsent und vor allem bewusst zu sein, da Du sonst auf Autopilot schaltest und einfach eingefahrene Muster wiederholst.
Das dritte Prinzip – Sich selbst im Anderen Erkennen
Die alten Bilder basieren oft auf einem Gefühl der Trennung: Ich und Du, Anziehung und Abneigung, das will ich mit dem Menschen erleben und jenes will ich mit ihm nicht erleben. Das verstärkt die Ambivalenz, weil wir uns innerlich hin und her gerissen fühlen. Um eine Beziehung zu retten, ist es unerlässlich, sich selbst zu begegnen und dadurch den Anderen jenseits der alten Wahrnehmungsfilter zu sehen und zu fühlen. Dafür kannst Du die aktuelle Situation nutzen, denn nichts spiegelt Deine innere Haltung Dir selbst gegenüber so klar wie Deine Beziehungen.
Beziehung retten durch Selbsterkenntnis
Du nimmst Dir jetzt wieder die Liste über den Anderen und suchst jeden einzelnen Punkt in Dir. Das bedeutet ganz konkret, dass Du jede Bewertung, ob positiv oder negativ, auf Dich beziehst. Du schaust stets nur durch Deine alte Brille und um diese absetzen zu können, ist es wichtig, Dir Deiner blinden Flecken bewusst zu werden. Wenn Du also glaubst, der Andere sei unzuverlässig. Dann finde ganz konkrete Beispiel, wo Du unzuverlässig bist. Jetzt ist es wichtig zu berücksichtigen, dass das Geist-Energie-Körper-System stets versucht, den Status quo aufrecht zu erhalten. Wenn alles in Dir rebelliert, weißt Du das Du gerade dabei bist einen alten Wahrnehmungsfilter und somit etwas, was Dein Denken, Fühlen und Handeln bestimmt loszulassen. Dieses dritte Prinzip braucht wirklich Dein ganzes Commitment. Wenn Du und die Beziehung es Dir wirklich wert sind, wirst Du Dir hier wahrhaftig selbst begegnen können. Das ist zusammen mit der fühlenden Präsenz der wichtigste Schritt, um eine Beziehung zu retten. Daher noch mal: Wenn Du glaubst, der Andere wäre unbewusst, formuliere es um. Ich bin unbewusst. Mache Dir ganz konkrete Beispiele aus Deinem Alltag klar, wo Du unbewusst handelst. Interessiere Dich auch hier vor allem für das, was Du fühlst. Welche Energie spürst Du im Körper? Auch falls Du Widerstand gegen dieses Prinzip hast, spüre die Energie, die mit dem Widerstand einhergeht. Bleibe fühlend präsent. Du beginnst Deine Wahrnehmungsbereitschaft zu erweitern und damit Dein Herz zu öffnen – für Dich und Deine Mitmenschen.
Das vierte Prinzip – Den eigenen Platz einnehmen und sich über das Herz verbinden
Für eine gute Beziehung ist es besonders wichtig, dass Du Deinen einzigartigen Platz in dieser Beziehung einnimmst. Einzigartig ist der Platz in einer doppelten Bedeutung. Erstens ist es Dein Platz und dieser ist einmalig und zweitens gibt es in einer Beziehung nur einen einzigen Platz für Dich. In einer Partnerschaft bist Du für Deinen Partner oder Deine Partnerin exklusiv Partner oder Partnerin. Du bist nicht noch Freund, Coach, Mutterersatz oder sonst was. Du bist Partnerin oder Partner. Das ist Dein einzigartiger Platz.
Für Deiner Mutter bist Du ausschließlich das Kind und hast eine einzigartige Verbindung zu ihr. Du bist nicht älter und weiser als sie, auch wenn Du das manchmal glaubst. Du nimmst in Deiner Herkunftsfamilie Deinen Platz ein, auch Deinen Geschwistern gegenüber.
In Deinem Unternehmen hast Du auch einen alleinigen Platz. Nur wenn Du Dir Deines Platzes bewusst bist, kannst Du Dich selbst und somit Deine Kollegen und Vorgesetzten oder Mitarbeiter wertschätzen.
Beziehung retten durch Klarheit & Wertschätzung
Hier geht es um Klarheit und Wertschätzung. Dadurch das Du Deinen Platz in der Beziehung einnimmst, machst Du Dir bewusst, dass die Menschen, mit denen Du in Beziehung trittst, ebenfalls einen wertvollen Platz haben, der nur ihnen gehört. Das ist ein inneres Bild, welches Du im Herzen trägst. Wenn Du eine Beziehung retten willst, nimmst Du Deinen Platz ein und hast für den anderen einen einzigartigen Platz – als Partner, Kollege, Freundin, Mutter, Bruder… Das ermöglicht eine Verbindung von Herz zu Herz, die über die alten Glaubenssätze und Emotionen hinausgeht.
Oft sind die Plätze nicht klar. Ich habe mit Unternehmern gearbeitet, die Probleme mit Mitarbeitern hatten, weil sie in ihrem System keinen klaren und wertschätzenden Platz für diese hatten. In Partnerschaften turnen im emotionalen Erleben zu oft Ex-Partner, Eltern oder Haustiere auf den Partnerplätzen herum. Mach Dir Dein Platz ganz klar. Wer bist Du in dieser Beziehung? Verwurzele Dich hier, mach Dir den wertvollen Platz des anderen Menschen bewusst und verbinde Dich über das Herz. Auf Deinem Partnerplatz hat niemand etwas anderes verloren als Dein aktueller Partner. Hängst Du noch an alten Beziehungen fest, steht da noch jemand auf diesem Platz. Wie sollte der aktuelle Partner sich darauf wohlfühlen können.
Sobald die Plätze klar sind, stell Dir wirklich eine Verbindung von Herz zu Herz vor. Alle Menschen wollen gesehen und gefühlt werden. Ohne zwischenmenschliche Wertschätzung auf reine neurochemische Abläufe reduzieren zu wollen, ist klar, dass nichts die Belohnungssysteme im Gehirn so zum Ausflippen bringt wie Anerkennung, Zugehörigkeitsgefühle und Liebe. Aufrichtige Anerkennung und Wertschätzung fühlen sich für Empfänger und Sender hervorragend an, weil sie unserer wahren Natur entsprechen und das menschliche Potenzial freisetzen.
Das fünfte Prinzip – Zum höchsten Wohle aller handeln
Das bedeutet vor allem, dass Du ergebnisoffen bleibst. Du gibst Dein Bestes und das fängt damit an, dass Du Dir selbst und all den vermeintlich negativen Emotionen, die eine Beziehungskrise mit sich bringt, mitfühlend und wertschätzend begegnest. In dem Maße, wie Du mit allen Gedanken und Gefühlen von Trennung, Frustration, Ärger und Angst in Dir Freundschaft schließen kannst, anstatt sie weiter vermeiden zu wollen, in dem Maße kannst Du auch den anderen wertschätzen. Anders ausgedrückt: Du kannst dem anderen immer nur so begegnen, wie Du Dir selbst begegnest. Das befreiendste Gefühl in einer Beziehung ist die Gewissheit, dass Du Dein Bestes gegeben hast. Dafür musst Du Dich nicht erschöpfen, sondern einfach nur Freundschaft schließen mit Deinen Gedanken, Emotionen und den Bildern, die Du über Dich und den anderen hast.
Ergebnisoffen zu bleiben ist wichtig, weil das die maximale Wertschätzung für die Beziehung ist. Dir ist die Beziehung zu diesem Menschen wichtiger als der Status der Beziehung. Das heißt, auch wenn sich der Beziehungsstatus verändert, weil vielleicht die Partnerschaft oder die Zusammenarbeit endet, bleibt ihr über das Herz verbunden. Die zwischenmenschliche Beziehung ist wichtiger als die egoistischen Präferenzen. Das ist der Schlüssel, der wirklich zu exzellenten Beziehungen beitragen kann.
Von Herzen wünsche ich Dir, dass Du Deine Beziehung retten kannst. Wenn Du Dich angesprochen fühlst, hilft Dir mein E-Book dabei, liebevolle und inspirierende Beziehungen zu gestalten.
Gerne unterstütze ich Dich auch persönlich, Dir wahrhaftig selbst zu begegnen, um exzellente Beziehungen zu gestalten und selbstbestimmt, frei und mitfühlend zu leben.
Ich freue mich auf Dich!